Bei dem Konzert am 24. November aus der Reihe „Glas und Klassik“ bekamen die Zuhörer im Glasmuseum Immenhausen diesmal den wohl beliebtesten Liederzyklus der Welt: die „Winterreise“ von Franz Schubert zu hören. Eine kleine Einführung zum Zyklus durch Jürgen Plich verhalf beim Verstehen der Zusammenhänge und gab einen Einblick auf den Komponisten, der selbst in der Zeit der Entstehung von „Winterreise“ die Einsamkeit und Sehnsucht nach Nähe und Zuneigung verarbeitete.
Das angekündigte Programm erweckte sehr viel Interesse und sorgte für ein gut gefülltes Haus. Das Auditorium lauschte mit großer Aufmerksamkeit und Konzentration den Künstlern Martin Berner (Bariton) und Jürgen Plich (Klavier). Berner sang die Lieder mit größter Innigkeit. Unglaublich welch technische Perfektion und hervorragendes Gedächtnis er besitzt, um tadellos und auswendig so einen großen und bedeutenden Zyklus wie diesen präsentieren zu können. Die zurückgenommene Gestik des Sängers gab den Zuhörer die Möglichkeit, sich ganz auf den Inhalt der Lieder und die Reichhaltigkeit der Musik zu fokussieren, ebenso auf das schöne Timbre von Martin Berner. Sehr genau abgestimmte, feine Agogik, deutliche Deklamation und gefühlsbetonte Gestaltung jedes einzelnen Liedes machten die Interpretation zum Hochgenuss.
Dem Pianisten, der dem Flügel die schönsten Nuancen und Farben entlockte, sei ebenso ein großes Lob auszusprechen! Jürgen Plich begleitete die Lieder mit großer Sensibilität, souverän und farbenreich, ohne Angst vor Lautstärke, aber immer bestens dynamisch auf den Sänger abgestimmt. Man merkte: beide Musiker sind gleichwertige Solisten bei diesem Zyklus, denn Schuberts Liedkompositionen werden oft auch als Klavierlieder bezeichnet. Das Lied ist bei Schubert nicht nur Melodie mit einer mehr oder weniger differenzierten Begleitung, der instrumentelle Part wird deutlich aufgewertet, Melodie und Begleitung werden untrennbar miteinander verknüpft.
Die Künstler schafften es, den großen Bogen von einer guter Hoffnung am Anfang bis zur großen Resignation und Todesnähe am Ende durch den Zyklus zu spannen, der von Rückblicken und Stimmungen eines von der Liebe enttäuschten Mannes erzählt, dessen Streben nach Glück nicht erfüllt wurde. Großer Beifall und Bravo-Rufe für die Künstler am Ende. Es gab logischerweise keine Zugabe, denn nach „Leiermann“ mit seiner trostlosen Stimmung geht die bedrückende Geschichte der ziellosen Reise durch eine Winterlandschaft zu Ende. Die Künstler erlebten es so und gaben diesen Eindruck überzeugend an das Publikum weiter.
Foto: Da Costa/nh