Dem Veranstalter der Glas-und-Klassik-Reihe Karl-Heinz Eßer ist es wieder mal gelungen, eine außergewöhnliche Pianistin für einen Abend nach Immenhausen zu holen. Für das Klavier-Solo-Konzert ist die gebürtige Armenierin, Heghine Rapyan, aus Salzburg angereist und beschenkte ihr Publikum mit einem wunderbaren Programm, meisterhaft gespielt und interessant zusammengestellt. Da sie keine Vorgaben hatte, suchte sie für den Abend die Stücke aus ihrem umfangreichen Repertoire nach ihrem eigenen Geschmack aus und zeigte so eine breite Palette der Klavierliteratur von Klassik bis Folklore.
Wenn jemand in Salzburg wohnt und am Mozarteum studiert hat, muss er auch einen Tribut an den bekanntesten Wiener Klassiker ablegen. Das tat Heghine Rapyan mit der Sonate G‑Dur, KV 283 von Wolfgang Amadeus Mozart. Schon das erste Stück der Abends zeigte den Zuhörern, wie gut sie es versteht, dem schon in die Jahre gekommenen Flügel des Glasmuseums, einen zauberhaften Klang zu entlocken und das Publikum mit in ihren Bann zu ziehen. Darauf folgte dann ein ganz besonderer Leckerbissen, zwei Tänze aus einem Zyklus des armenischen Komponisten Komitas Vardapet, der leider in Deutschland ziemlich unbekannt ist. Dieser sammelte über 4.000 armenischer Volkslieder und verarbeitete sie in seinen Werken. Die Künstlerin lud das Publikum ein, mit ihr auf eine Zeitreise zu gehen, in die Geschichte ihres Volkes einzutauchen und von der Zukunft zu träumen. Was dann erklang, war kein Säbeltanz, sondern eine ganz märchenhafte, besinnliche Musik mit vielen hellen Klängen, oft mit sehr transparenter Begleitung, die den volkstümlichen Charakter der Stücke unterstrich. Den ersten Teil des Programms rundete die Pianistin mit Prélude, Fugue et Variation, Op.18 in h‑Moll von César Franck, eigentlich einem Orgelwerk des Komponisten, ab. Vor der Pause folgte dann ein bravuröser Grande Valse von Stéphan Elmas, ein virtuoses Salonstück, der das begeisterte Publikum in die Pause begleitete.
Der zweite Teil war ganz dem Komponisten Frédéric Chopin gewidmet. Auf Fantasie f‑Moll, Op. 49, folgten Scherzo No.2 in b‑Moll, Op. 31 und zwei Etüden aus Op. 10: es-Moll und die bekannte E‑Dur, bei der fast jeder im Saal die Melodie mit Freude mitgesummt hat. Hinreißend vorgetragen, mit technischer Perfektion und größter Hingabe zeigte Heghine Rapyan ihre Interpretation der schönsten Beispiele der Klaviermusik. Es gelang ihr die perfekte Klangerzeugung auf dem an seine Grenzen stoßenden Flügel. Sie führte ihr Publikum durch alle Fassetten der Stimmungswelt der Musik und zeigte dabei ihr außergewöhnliches Können.
Starker Applaus und eine Zugabe mit J.S. Bach. Die zahlreichen Zuhörer gingen ganz beseelt aus dem Konzert, viele bedankten sich persönlich bei der sympathischen Pianistin für den schönen Abend. Wohl dem sonnigen Wetter geschuldet, war der Besuch der Veranstaltung nicht ganz so, wie es bei vergleichbaren Konzerten der Fall ist. Schade.
Fotohinweis: Paulo Da Costa