
Ihr Rhythmusgefühl reißt mit
Vera Osina und Sören Gehrke gastieren bei Glas & Klassik
HNA-Immenhausen, Montag, 27. Januar 2020 von Georg Pepl
Immenhausen – Seit diesem Monat zeichnet die Kasseler Pianistin Julia Reingardt für das Management der Reihe Glas & Klassik im Immenhäuser Glasmuseum verantwortlich. Sie sei „bestens vernetzt in der Musikszene“, sagte Erhard Siebert, Vorsitzender der Gesellschaft der Freunde der Glaskunst, beim ersten der vier Konzerte im Museum in diesem Jahr. Das waren wahre Worte, wie der Abend bewies.
Für die Veranstaltung unter dem Motto „Zwischen Kontemplation und Ekstase“ hatte Reingardt ein versiertes Kasseler Duo gewonnen: Pianistin Vera Osina sowie Sören Gehrke, der als Geiger bekannt ist, hier aber in einer anderen Funktion auftrat: als ausdrucksstarker Vorleser. Zwischen den musikalischen Teilen las er Texte aus dem Liszt-Buch des ungarischen Schriftstellers Zsolt Harsányi (1887–1943). Keine trockene Darstellung, sondern eine, die auf romanhafte Weise vom Leben des Komponisten erzählte.
Interessanterweise stand kein einziges Werk von Franz Liszt auf dem Programm. Anfangs gab es jedoch eine subtile Beziehung zwischen dem Vorgelesenen und der Musik. Da berichtete Gehrke vom Enthusiasmus des blutjungen Wunderknaben Liszt für Ludwig van Beethoven. Der Klassiker, dessen 250. Geburtstag in diesem Jahr gefeiert wird, war denn auch der erste Komponist des Abends.
Vera Osina brillierte vor 70 Gästen mit Beethovens „Mondscheinsonate“. Sie spielte den berühmten ersten Satz gefühlvoll, aber ohne falsche Sentimentalität, und bewies darauf ihr mitreißendes Rhythmusgefühl. Ein Wermutstropfen: Manchmal schepperte der Klavierklang. Der vor 1900 erbaute Flügel im Glasmuseum, der an sich einen bemerkenswert historischen Klang hat, befindet sich wohl nicht im optimalen Zustand.
Trotzdem gelang der aus Russland stammenden Pianistin eine eindrucksvolle Demonstration ihrer Virtuosität, so auch in Werken von Domenico Scarlatti, Johannes Brahms, Sergej Rachmaninow und Frédéric Chopin.
Eine spannende Repertoire-Erweiterung war die Suite „Nachklänge aus dem Theater“ des zeitgenössischen Komponisten Leonid Desyatnikov. Schwungvoll und sehr russisch kam die Zugabe daher, die Osina nach viel Beifall servierte: ein Walzer von Andrej Petrov.
Nun darf man auf die weiteren Konzerte im Immenhäuser Glasmuseum gespannt sein. Im Mai und August wird Organisatorin Julia Reingardt übrigens selbst als Pianistin mitwirken.
Die nächsten Konzerte in der Reihe Glas & Klassik im Immenhäuser Glasmuseum: 8. Mai.: Operngala mit dem Gesangsensemble „Per tutti voi“. 21. August: „A Quattro – von Barock zum Tango“. 13. November.: Dennis Wenzel Trio, „Ein Zimmer in Paris“ – Ein Abend für Marlene Dietrich.
Die Konzerte beginnen jeweils um 19:30 Uhr.